Mitgliederbrief des Landesvorsitzenden

Wolfgang Tiefensee

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich schreibe Euch und Dir, weil der nächste ordentliche Landesparteitag wichtige Weichenstellungen vornehmen wird. Dazu hat es Entscheidungen im Geschäftsführenden Landesvorstand in seiner heutigen Sitzung gegeben, über die ich Dich hiermit direkt informieren möchte.

Ich hoffe, Du siehst es wie ich: Die Thüringer SPD hat sich seit dem Frühjahr 2018 und mit der Wahl der Mitglieder des Landesvorstandes im November 2018 inhaltlich und organisatorisch neu aufgestellt. Und nicht nur das. Wir haben gemeinsam zu einer nach außen und innen wahrnehmbaren Geschlossenheit und Gradlinigkeit gefunden. Keine Verschwendung unserer Kräfte auf zermürbende Selbstbeschäftigung. Gut so. Alle politischen Ebenen – vom Ortsvereinsvorsitzenden und Bürgermeister bis hin zum Abgeordneten und zu Mitgliedern des Kabinetts – haben in seltener Geschlossenheit ihren Beitrag dazu geleistet, Thüringen voranzubringen. Ich weiß, das ist alles andere als selbstverständlich.

Auch wenn sich das (noch) nicht in unseren Umfrageergebnissen niedergeschlagen hat: Die SPD ist unverzichtbar und ein politischer Gestalter mit Gewicht. Das hat nicht zuletzt mit denen zu tun, die mit besonderer Verantwortung in politischen Ämtern für unsere sozialdemokratischen Ziele streiten.

Auf dem kommenden Landesparteitag steht nicht nur die wichtige Entscheidung über die künftige Zusammensetzung des Landesvorstands auf der Tagesordnung. Auch die Neuwahl des Landesvorsitzes und die Nominierung für die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl im April nächsten Jahres stellt ganz entscheidend die Weichen für die Zukunft unserer Partei. Der Geschäftsführende Landesvorstand will alles dafür tun, den Weg für eine gute Lösung zu ebnen. Der Anspruch an uns und an Euch: Lasst uns gemeinsam mit Professionalität und Souveränität diesen Prozess gestalten.

Unser Statut sieht vor, dass sich jede und jeder bis zum Moment der Wahl bewerben kann. Mach von diesem Recht Gebrauch, wenn Du nach gründlicher Selbstbefragung ja sagst und wenn Du die nötige Unterstützung Deines Ortsvereins erfährst. Niemand scheut in unserer Partei die Wahl zwischen Alternativen.

Wir halten es dennoch für legitim und notwendig, in großer Verantwortung eigene Vorstellungen zu entwickeln und uns eine Meinung zu bilden. Das haben wir in den letzten zwei Wochen getan. Der Landesvorstand hatte ja in seiner Sitzung am 28. Mai festgelegt, dass der Geschäftsführende Landesvorstand eine Entscheidung über das weitere Vorgehen trifft und dem Landesvorstand am 25. Juni einen Vorschlag zur Entscheidung unterbreitet.

Der Geschäftsführende Landesvorstand hat sich folgende Fragen vorgelegt: Zeichnet sich eine Kandidatur zum Landesvorsitz ab, gibt es mehrere Bewerbungen, ist eine Doppelspitze nach einer dann notwendigen Satzungsänderung sinnvoll, gehören Landesvorsitz und Spitzenkandidatur zusammen? Unser Ziel war es, eine gute und einvernehmliche Lösung zu finden – je zügiger desto besser. Klar, so würden wir langwierige und lähmende Personaldebatten vermeiden, mit denen wir ja – auch im Blick auf andere Parteien – so einige, nicht unbedingt positive Erfahrungen gemacht haben.

Erfreut kann ich und mit mir der Geschäftsführende Landesvorstand mitteilen: Georg hat in der heutigen Sitzung seine Bereitschaft erklärt, für den Landesvorsitz zu kandidieren und auch für die Spitzenkandidatur im April 2021 anzutreten. Chapeau! Ich weiß, welche Last der Verantwortung man sich da auf die Schultern legt. Georg ist bereit, in wahrlich schwierigen Zeiten eine große Aufgabe zu übernehmen, Respekt und herzlich Dank dafür. Ich sage ihm, der Geschäftsführende Landesvorstand sagt ihm alle Unterstützung für das herausfordernde Amt zu.

Auch Diana konnte sich eine Kandidatur zum Landesvorsitz sehr gut vorstellen. Sie hat sich nach gründlicher Überlegung und schließlich einem sehr guten, kollegialen Gespräch mit Georg und mir entschieden, darauf zu verzichten. Ich finde das beeindruckend. Sie will ihren Beitrag für den Zusammenhalt unserer Partei leisten und stellt eigene Ambitionen hintan. Sie ist bereit, nach besten Kräften für Georg zu werben und ihn im Parteivorsitz und als Spitzenkandidat zu unterstützen. Georg und Diana sind sich einig, dass Diana als Teil des Teams als stellvertretende Landesvorsitzende weiter Verantwortung übernehmen soll. Danke Diana für Deine Solidarität.

Der Geschäftsführende Landesvorstand hat auf meinen Vorschlag hin diskutiert, ob es angesichts dieser Situation nicht besser wäre, den Parteitag eher einzuberufen. Natürlich wissen wir alle nicht, ob und wann in Coronazeiten ein Präsenzparteitag möglich sein wird. Aber dennoch, unser Vorschlag an den Landesvorstand am 25. Juni lautet: Lasst uns den ordentlichen Landesparteitag auf den 26. September 2020 vorziehen und dort Georg für beide Ämter nominieren. Und wir sollten dort auch die Wahlen aller Mitglieder des Landesvorstandes vornehmen. Ihr werdet selbstverständlich zeitnah nach dem 25. Juni über die Termine zur Vorbereitung informiert.

Das hat eine weitere Entscheidung zur Folge: Wir schlagen vor, den Listenparteitag im März zu nutzen, um unser Wahlprogramm für den dann sehr kurzen Wahlkampf zu verabschieden. Zu dessen Vorbereitung gibt es für Euch rechtzeitig Veranstaltungen vor Ort, um mit dem Landesvorsitzenden und Vertreter*innen des Landesvorstandes die Eckpunkte unserer politischen Projekte zu diskutieren. Ihr sollt aus Euren Erfahrungen vor Ort mitbestimmen, welche politischen Projekte wir in den dann folgenden fünf Jahren umsetzen wollen, wie wir uns von unseren Wettbewerbern unterscheiden, wie wir – besonders wichtig – die Neonazis bekämpfen, wie wir die Lebenssituation der Menschen in Thüringen konkret verbessern wollen. Bitte nehmt Euch Zeit dafür und bringt Euch ein.

Der Wahlkampf beginnt jetzt!

Ob wir ein besseres Ergebnis erzielen werden, entscheidet sich jetzt. Auch damit, wie wir nicht einfache Führungsfragen klären: Statt kleinkariert mit weitem Horizont. Ich entscheide mich für das, was die Menschen in Thüringen wollen – eine starke, selbstbewusste, entscheidungsfreudige und zuversichtliche SPD.

Es grüßt Euch, es grüßt Dich herzlich

Euer und Dein Wolfgang