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„Männer stehlen mir meine Zeit“ – Ein Besuch bei den Frauen der SPD-Fraktion in Arnstadt

Bekannt als Bachstadt oder das Tor zum Thüringer Wald verschlägt es uns Anfang März in die Kreisstadt Arnstadt. Dass Arnstadt die älteste Stadt der DDR war, haben wir bereits in der Vorbereitung unseres Besuchs erfahren. Ebenso, dass sich ihre 27.000 Einwohner:innen auf 17 Ortsteile plus Kernstadt verteilen und das am Stadtrand liegende „Erfurter Kreuz“ eines der wichtigsten Gewerbegebiete Thüringens ist. Ansiedlungen, wie bspw. von CATL sorgen für Wachstum, bringen aber auch Herausforderungen, wie den Mehrbedarf an Wohnraum und Verkehrswegen mit sich. Auch einen Funfact für Thüringer:innen recherchieren wir: Die Bratwurst kommt aus Arnstadt. 1404 fand sie ihre erste schriftliche Erwähnung. Aber nicht der Bratwurst wegen sind wir nach Arnstadt gefahren. In der Kommunalpolitik, wo es um Kitas, Landmärkte, öffentliche Toiletten und anderlei praktische Dinge geht, gibt es eine Besonderheit: Die SPD-Fraktion besteht nur aus Frauen. Für uns ein sehr guter Grund, sie gemeinsam mit der Staatssekretärin für Kommunales, Katharina Schenk, zu besuchen. Sie will anlässlich des nahenden Frauentags mit den Frauen darüber sprechen, was ihre Arbeit in Arnstadt besonders macht. Neben den Stadträtinnen Alexandra Eckert und Eleonore Mühlbauer sowie der Fraktionsvorsitzenden Martina Lang ist auch die Seniorenbeirätin Marlis Langer mit dabei. 

Was man von der ersten Minute des Treffens spüren kann, machen die Frauen auch im Gespräch schnell deutlich:  ihre Zusammenarbeit ist eine andere, seitdem sie „unter sich“ sind. 

In der Politik, die immer noch in weiten Teilen von Männern dominiert wird, würden oft Monologe gehalten und Gesagtes noch einmal wiederholt – vor allem von Männern, sagen sie. Halb im Scherz feixt die ehemalige Chefin der Arbeitsagentur Martina Lang dazu „Männer stehlen mir meine Zeit!“ – Alle lachen herzlich, wohlwissend, wie viel Wahrheit in diesem Spaß steckt.  Die Frauen, das merkt man, sind selbstbewusst und bringen sich engagiert in die Stadtpolitik ein. Ihren Ortsverein wollen sie an den Entscheidungsprozessen im Stadtrat teilhaben lassen, denn die gehen schließlich alle was an. 

Im letzten Jahr haben die drei Stadträtinnen zum ersten Mal alle Stadträtinnen eingeladen – über die Fraktionsgrenzen hinweg. Seitdem treffen sich die 11 Stadträtinnen, stimmen sich ab und vernetzen sich. Für die Frauen sind diese Treffen sehr wichtig, denn trotz ideologischer Unterschiede, findet man bei vielen Themen und Anliegen Gemeinsamkeiten, die man auf kurzen Weg klären kann. Das ein oder andere Projekt kommt bei so einem Stammtisch ins Rollen. Dass das Hinterzimmerpolitik sei, mögen jetzt einige Leser:innen denken – aber machen es Männer nicht genauso? Für Männer gehört es zur Normalität nach den Sitzungen bei dem ein oder anderen Bier Vernetzung zu betreiben. Eben deshalb muss es auch für Frauen Normalität sein, miteinander ins Gespräch zu kommen. 

Von der Landespolitik wünschen sich die Frauen Strukturunterstützung für die Stadt, aber auch Frauenquoten in Parlamenten und ehrenamtsfreundliche Sitzungszeiten. Gerade für Frauen ist es wichtig, dass die Sitzungen nicht am frühen Nachmittag stattfinden. Für Staatssekretärin Katharina Schenk, die selbst Mutter ist und um den Spagat zwischen Familien- und Arbeitszeit weiß, ein spannender Termin mit tollen Anregungen, die sie verspricht, mit in die Landespolitik zu nehmen. Beim nächsten „interfraktionellen“ Frauenstammtisch wird sie auf jeden Fall mit dabei sein.

Martina Lang, die Fraktionsvorsitzende in Arnstadt im Gespräch mit unserer Staatssekretärin Katharina Schenk