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AWO Thüringen: Aller Neuanfang ist schwer

Die Sozialdemokratie und die Arbeiterwohlfahrt haben eine lange gemeinsame Geschichte in der Arbeiter:innenbewegung. Leider hat die Thüringer AWO in den letzten Jahren eher mit negativen Schlagzeilen zu überhöhten Gehältern von sich reden gemacht. Seit zwei Jahren gibt es nun einen komplett neuen Vorstand und eine neue Geschäftsführung. Ihr habt Euch die Aufarbeitung der Vorkommnisse und die Neuausrichtung des Verbandes vorgenommen. Wie ist der Stand? 

Petra Rottschalk: Wir haben viel Kraft und Arbeit in die Aufarbeitung gesteckt und werden das noch weiter vorantreiben. Wir haben einen Koffer an Werkzeugen entwickelt, damit solche Compliance-Verstöße der Vergangenheit angehören: Implementieren des AWO Governance Kodexes, Prüfung aller Anstellungsverträge von Geschäftsführenden, Offenlegung von Gehältern. Noch 2020 ist der AWO Landesverband der Initiative Transparente Zivilgesellschaft beigetreten und auch die Gliederungen der AWO verpflichten sich dazu. Wir setzen uns für ein Transparenzregister in Thüringen ein. 

Katja Glybowskaja: Was man bereits sagen kann: Die Unterstützung innerhalb der AWO Thüringen für die angestoßenen Prozesse ist enorm – das ist nicht selbstverständlich. Die zugrundeliegenden Beschlüsse werden von einer großen Mehrheit getragen. Daran sehen wir, wie groß das Verantwortungsgefühl gegenüber denjenigen ist, auf die es ankommt: unsere Mitglieder, die Beschäftigten und die Menschen, die wir pflegen, betreuen und beraten.

In der aktuellen Krisen-Zeit ist die AWO als Träger zahlreicher sozialer Leistungen besonders gefragt. Wie kann die AWO zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beitragen und welche Unterstützung braucht Ihr dafür? 

Katja Glybowskaja: Wir sehen ganz klar die Verantwortung, als großer Mitgliederverband, Arbeitgeber und sozialer Dienstleister eine vermittelnde Rolle einzunehmen. Welchen Beitrag wir zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten können, analysieren wir derzeit auch im Rahmen unseres Themenjahres „Vertrauen, Zusammenhalt und Aufbruch“. 

Petra Rottschalk: Im November hat die AWO Thüringen die „Erfurter Erklärung“ auf den Weg gebracht. Darin machen wir ganz konkrete Vorschläge für Maßnahmen, die den Menschen helfen sollen. Wir formulieren aber auch klare Forderungen: Wir brauchen eine Politik des Zusammenhalts und entschlossene Entscheidungsträger:innen, die auf Grundlage der Lebenswirklichkeit der Menschen handeln. 

Was sind Eure Wünsche an die SPD? 

Petra Rottschalk: Was wir derzeit am dringendsten brauchen, sind kluge Ideen zur Entlastung der Menschen und eine sichere Finanzierung sozialer, passgenauer Angebote. Die Energiekrise bringt viele Einrichtungen an die Existenzgrenze, ebenso wie viele Menschen, die auf diese Einrichtungen angewiesen sind – die AWO steht der Politik als Impulsgeberin, Praxis- und Gesprächspartnerin immer zur Verfügung.