35 Jahre Deutsche Einheit: Was wir erreicht haben – was noch zu tun ist
Ein Gastbeitrag von der Thüringer Bundestagsabgeordneten und Ostbeauftragten Elisabeth Kaiser
Anfang Oktober haben wir in Saarbrücken zum 35. Mal den Tag der Deutschen Einheit gefeiert – ein guter Anlass, sich vor Augen zu führen, wie viel wir gemeinsam erreicht haben. Das zeigt auch mein „Bericht der Ostbeauftragten“, den ich ebenfalls Anfang Oktober vorgestellt habe. In diesem Jahr kamen darin Gastautor*innen zu Wort, die fast alle nach 1989/90 geboren wurden. Ihre Beiträge machen deutlich: Junge Menschen wachsen heute ganz selbstverständlich im vereinten Deutschland auf. Sie wurden in einem gemeinsamen Staat sozialisiert und sind sich in ihren Ansichten viel näher als die älteren Generationen.
Trotzdem wachsen junge Ostdeutsche unter besonderen Bedingungen auf. Formal haben sie alle Möglichkeiten. Doch ihnen fehlen oft die finanziellen Mittel, um diese Chancen zu nutzen. Denn Einkommen und Vermögen sind zwischen Ost und West bis heute ungleich verteilt – mit Folgen für Lebenswege und Karrieren. 35 Jahre nach der Wiedervereinigung darf das nicht sein. Neben einer Reform der Erbschaftsteuer sind Instrumente wie ein Grunderbe, eine Frühstartrente mit Ostbonus und Investitionen in Bildung und regionale Wirtschaft geeignet, die Vermögenssituation junger Menschen im Osten nachhaltig zu stärken. Gerade in diesen Zeiten gilt: Wandel braucht Sicherheit. Wir werden die großen Herausforderungen nur bewältigen, wenn es gerecht zugeht und alle mitgenommen werden.
Deshalb bleibt es das Ziel dieser Bundesregierung, die strukturellen Unterschiede zwischen West und Ost zu überwinden und gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Die Debatte darüber muss weitergehen. Unter anderem auch im „Zukunftszentrum für deutsche Einheit und Europäische Transformation“, das sich gerade im Aufbau befindet.
Dort sollen Menschen aus ganz Europa miteinander ins Gespräch kommen, um die Erfahrungen aus der Zeit nach 1990 zu beleuchten, alte Fehler zu vermeiden und künftige Umbrüche besser zu gestalten. Wir wollen den Menschen die Angst nehmen, Verlierer von Wandlungsprozessen zu sein. Wenn uns das gelingt, können wir viel erreichen. Weil unser Land vor 35 Jahren schon einmal bewiesen hat, dass es Wandel kann. ν

Foto: BMF /Photothek / Leon Kügeler
